Der Pferdemagen - Probleme erkennen und vermeiden


Weit über die Hälfte der Pferde leidet heutzutage an Problemen mit dem Magen – vom Fohlen, über das Freizeitpferd bis hin zum Hochleistungssportler. Ein Thema, dem man als Pferdehalter Beachtung schenken sollte. Kann man doch selbst durch Optimierung der Haltungsform und unterstützende Maßnahmen der Fütterung dem Problem entgegen wirken.

Allgemeines zum Pferdemagen

Beim Pferdemagen handelt es sich um einen Muskelsack, der bei einem mittelgroßen Pferd  a. 15 - 20 Liter fassen kann. Durch peristaltische Bewegungen der Muskulatur wird der Nahrungsbrei vorwärts bewegt. Beim Pferd stellt der Magen nur ca. 10 % des Verdauungsvolumens dar und ist somit sehr klein, wodurch das Futter nur relativ kurze Zeit im Magen verbleibt. Da das Pferd unter natürlichen Bedingungen ein Dauerfresser ist, also  6 bis 20 h am Tag frisst während es sich langsam fortbewegt, bleibt der Magen somit aber nie leer. Aus diesem Grund wird auch rund um die Uhr Magensäure produziert. Im Inneren ist der Pferdemagen sozusagen zweigeteilt. Im vorderen Teil besteht die Schleimhaut nicht aus Drüsengewebe, sondern hier findet eine geringe mikrobielle Umsetzung leicht verdaulicher Kohlendhydrate wie Einfachzucker und Stärke sowie zum Teil auch von Eiweiß statt. Als Abfallprodukte entstehen Milchsäure sowie kleinere Mengen an Butter- und Essigsäure, die den Magensaft weiter ansäuern sowie unter anderem Gase und Ammoniak.

Im hinteren Teil findet man in die Schleimhaut eingelagerte Drüsen vor. In der vorderen Drüsenzone (Fundusgebiet) dieses Bereiches wird Magensaft gebildet, der das eiweißspaltende Enzym Pepsin sowie Salzsäure enthält. Außerdem wird hier das Hormon Gastrin in den Blutkreislauf abgegeben, welches die Produktion von Magensäure und anderen Verdauungssäften anregt. Der pH-Wert des Nahrungsbreis wird also während seines Ganges durch den Magen von 5-6 auf unter 3 abgesenkt in Abhängigkeit vom Anteil der Kraftfuttermengen. Im hinteren, sauren Bereich ist der Magen zum Schutz vor einer Selbstverdauung durch eine dicke Schleimschicht an der inneren Magenwand geschützt.

Wie lange der Nahrungsbrei im Magen verweilt wird hauptsächlich durch zwei Faktoren bestimmt: Zum einen das Verhältnis löslicher Kohlenhydrate wie Zucker und Stärke zu unlöslichen Kohlenhydraten wie Zellulose und Lignin. Je höher der Anteil unlöslicher Kohlenhydrate, desto schneller die Magenpassage. Zum anderen spielt die Größe der Partikel, v.a. der unlöslichen Kohlenhydrate eine Rolle. Ab einer Größe von 2mm verlangsamen die unlöslichen Kohlenhydrate nämlich die Verdauung. Deshalb ist es wichtig, dass die Pferde lange und gründlich kauen. Wenn das Futter nicht ausreichend eingespeichelt wurde, kann die Magensäure den Nahrungsbrei nur unvollständig  durchdringen, sie wird also sozusagen nicht in dem Maße verbraucht, in dem sie produziert wurde und die überschüssige Magensäure kann somit Schäden im Magen verursachen. Außerdem können hierdurch Keime, die sich im Nahrungsbrei befinden in den weiteren Verdauungstrakt gelangen, weil die Magensäure sie nicht erreicht und abgetötet hat und dort die natürliche Bakterienpopulation im Darm stören.

Wie kommt es zur Entstehung von Magenproblemen?

Gründe die ein Magengeschwür entstehen lassen gibt es viele, oft sind es mehrere die zusammen wirken. Mögliche Gründe sind:

Zu lange Fresspausen

Im Normalfall sollte eine Fresspause höchstens 4 bis 6 h lang sein, denn ein Pferd ist unter natürlichen Umständen min. 18 h damit beschäftigt Futter aufzunehmen. Der Pferdemagen produziert rund um die Uhr Magensäure, da das Pferd in der Wildnis kontinuierlich rohfaserreiches Futter aufnimmt. Dieses Futter muss sehr gut gekaut werden, was dazu führt, dass viel Speichel produziert wird. Dadurch wird eine ständige und gute Pufferung der Magensäure mit Bikarbonat gewährleistet.

Zu hohe Kraftfuttermengen oder/und Futtermittel die im Magen stark verkleistern

Wie z. B. Weizen oder Roggen. Wenn das Pferd sehr viel Kraftfutter erhält, ist dies verbunden mit einer vermehrten Milchsäurebildung, es bildet sich also zu viel Säure, die die Magenschleimhaut von innen angreifen kann. Außerdem löst Kraftfutter eine starke Gastrin und Histaminproduktion aus. Im Überschuss können die Stoffe die Entstehung von Magengeschwüren fördern. Weiter kann es bei zu hastiger Kraftfutteraufnahme ohne Raufutter zu einer Erhöhung des pH-Werts kommen. Der pH-Wert ist dann insgesamt zu hoch, wodurch Bakterien und Pilze die Magenpassage leichter überleben und sich im Darm ansiedeln. Außerdem wird Pepsinogen (Enzym der Eiweißverdauung) nicht ausreichend aktiviert und die Verwertung der Proteine im Kraftfutter fällt deutlich geringer aus.

Füttern Sie daher vor der Krippenfuttergabe Heu! So wird ausreichend Speichel gebildet und ein optimaler Magen pH wird sichergestellt. Nur so ist eine Verwertung der Nährstoffe möglich. Um zu große Kraftfuttermengen auf einmal zu vermeiden, verteilen Sie die Gabe bitte auf mind. 3 Mahlzeiten pro Tag

Zu geringe Pufferung mit Bikarbonat

Der Speichel des Pferdes enthält Bikarbonat. Stimmt die Fütterung, halten sich Bikarbonat und Magensäure das Gleichgewicht und die Säure wird in dem Maße durch das Bikarbonat gepuffert, in dem es nötig ist, um die Schleimhaut zu schützen, gleichzeitig verbleibt genügend Säure um eine optimale Verdauung zu gewährleisten. Bekommt das Pferd zu wenig rohfaserreiches Futter, wird nicht genügend Speichel und somit nicht genügend Bikarbonat gebildet. Die Magensäure kann demnach nicht richtig gepuffert werden und es entsteht die Gefahr, dass die Magenschleimhaut angegriffen wird.

Beim Kauen von 1 kg (in 10 min) Kraftfutter wird ca. 1 l Speichel produziert!
Bei 1 kg Raufutter (in ca. 40 min) sind es ca. 5 l Speichel!

Raufutter ist also essentiell für die Fütterung, die Pferde sind dadurch länger beschäftigt und die Verdauung bleibt im Gleichgewicht. Außerdem lebt die Darmflora in Blind- und Dickdarm von Cellulose und Pektinen, also Rohfaser.

Stress

Bei Stress kommt es zu einer verminderten Schleimhautdurchblutung, da sich das Pferd als Fluchttier in Angstsituationen auf eine mögliche Flucht vorbereitet und deshalb die Muskeln vermehrt durchblutet werden müssen. Bei Stress steigt der Cortisonspiegel und lässt Prostaglandin E sinken, welches für die Unterdrückung von Salzsäure verantwortlich ist, das heißt es wird vermehrt Magensäure gebildet, die dann überschüssig im Magen vorliegt und diesen reizen kann. Stress kann z.B. durch Transport, Training, Wettkampf aber auch Haltungsfehler, Stallwechsel, neuen Reiter und unpassende Ausrüstung ausgelöst werden. Bei Fohlen besonders durch das Absetzen aber auch durch zu wenig Platz oder fehlende Spielkameraden etc. bedingt sein.

Verdorbenes Futter

führt zu einer Vermehrung von Mikroben, was zu erhöhter Gasbildung im drüsenlosen Teil des Magens führen kann. (Vorsicht mit stark melassehaltigen Müslis, diese können bei warmen Temperaturen schnell verderben!)

Zahnerkrankungen

Sind die Zähne nicht in Ordnung führt das zu Kaubeschwerden. Das Futter kann nicht ausreichende eingespeichelt oder nicht genügend zerkleinert werden was sich nachteilig auf die Verdauung auswirkt. Deshalb sollten die Zähne min. 1 x im Jahr durch einen fachkundigen Tierarzt überprüft werden.

Magenparasiten

Wichtig ist ein regelmäßiges aber sinnvoll durchdachtes Entwurmen und Kontrolle des Kotes.

Gefrorenes oder zu heißes Futter

Dies kann eine mechanische Schädigung der Schleimhäute mit sich bringen, wie auch grobfasriges Stroh, stark verholztes Heu oder Gerstenfütterung (glasharte Schalen der ganzen Gerste, deshalb setzen wir nur reine hydrothermisch behandelte Gerstenflocken in unseren Produkten ein).

Gabe von Schmerzmitteln

Wie beim Menschen kann eine langfristige, orale Gabe von Schmerzmitteln (NSAIDs) die Bildung von Magengeschwüren fördern. Aus diesem Grund ist es auch beim Pferd wichtig, gerade während einer oralen Schmerztherapie auf eine so magenschonende Fütterung wie möglich zu achten und gegebenenfalls einen Magenschutz zuzufüttern.

  • Weitere Ursachen für Magenprobleme können zudem fehlgegorene Silage, eine größere Aufnahme gerbsäurehaltige Futtermittel, wie z. B. Eicheln, oder eine Überdosierung bestimmter Mineralstoffgemische oder Futterzusatzstoffe.

Welche Symptome können auf ein Magengeschwür hinweisen?

Leider gibt es hierfür keine eindeutigen Symptome. Es wurde in der Vergangenheit eine Vielzahl einzelner Symptome beschrieben, allerdings sind diese sehr unspezifisch und können auch auf andere Krankheiten hinweisen. Weil jedes Pferd individuelle Symptome äußert, sollte man als Pferdebesitzer stets ein wachsames Auge auf sein Tier haben, um mögliche Abweichungen vom Normalverhalten zu erkennen und zunächst zu beobachten und im Falle eines verschlechterten Allgemeinbefindens den Tierarzt rechtzeitig zu Rate zu ziehen, der dann eine genaue Diagnostik durchführt.

Hinweisend können folgende Symptome sein:

  • Gähnen
  • Leerkauen
  • Aufstoßen
  • Unangenehmer Maulgeruch
  • Konditionsverlust
  • Schnelles Schwitzen
  • Schwere Atmung
  • Abmagerung
  • Appetitlosigkeit (insbesondere keine Kraftfutteraufnahme)
  • Häufiges Unterbrechen der Kraftfutteraufnahme
  • Stumpfes Fell
  • Aufgezogener Bauch
  • Reduziertes Allgemeinbefinden
  • Kolikartige Symptome, wie Scharren, Flehmen, zum Bauch umschauen, nach dem Bauch treten
  • Verschieden schwere Koliken
  • Absondern von Artgenossen, aber auch vermehrte Agression
  • Abwehrverhalten, bzw. Hypersensibilität beim Gurten oder Putzen
  • Unwilligkeit beim Aufsitzen
  • Vermehrte Triebigkeit
  • Zögern beim Berabgehen
  • Mangelndes oder deutlich erschwertes Hinlegen
  • Vermehrte Speichelbildung
  • Durchfall
  • Kotwasser
  • Erhöhte oder verminderte Trinkwasseraufnahme
  • Belecken von Metallgegenständen
  • Zähneknirschen
  • Bei akuten Problemen: erhöhter Puls oder Fieber
  • Koppen (hier ist noch ungeklärt, ob die Pferde aufgrund des Magengeschwüres koppen, oder ob das Koppen Magengeschwüre auslösen kann)
  • Beim Fohlen zusätzlich Liegen in Rückenlagen und Wachstumstörungen

Maßnahmen bei der Fütterung und Haltung

Neben der tierärztlich verordneten Therapie empfehlen sich unterstüzend folgende Maßnahmen bei Haltung und Fütterung:

  • Ideal ist eine Fütterung von Heu zur freien Verfügung, um den pH-Wert im Magen konstant zu halten und dem Bedürfnis der kontinuierlichen Futteraufnahme Sorge zu tragen. Leider kann es auch bei magenempfindlichen Pferden zu Übergewicht kommen, gerade bei leichtfuttrigen Pferden. Liegt diese tierspezifische Problematik vor, dann empfiehlt sich der Einsatz von engmaschigen Heunetzen, um die Fresszeiten zu verlängern und die Einspeichelung zu begünstigen. Niemals sollte bei magenempfindlichen Pferden die Heumenge weniger als (1,5 bis) 2 kg Heu je 100 kg Körpergewicht pro Tag betragen. Ideal ist Weidegang.
  •  Besonders geeignet für die Fütterung von Pferden mit Magenproblemen ist außerdem Luzerne. Sie enthält einen wertvollen Anteil an Eiweiß. Ein weiterer Vorteil der Luzerne in der Fütterung von Pferden mit Magengeschwüren ist ihr hoher Gehalt an Calcium. Calcium kann die Magensäure neutralisieren und schützt dadurch die Magenschleimhaut vor weiteren Reizungen. Hier geht es direkt zu unserer Luzerne Faser Pur unserer Partner-Firma LEXA!
  • Die Gabe von Heulage/Silage sollte bei Problemen mit dem Magen möglichst vermieden werden, da diese selber schon sauer ist, denn der Silierungsprozess ist ein Gärungsprozess.
  • Vermeiden Sie Nahrungskarenzen (Nüchternzeiten) von mehr als 6 h. Hier eignet sich der Einsatz von engmaschigen Heunetzen, um die Fresszeiten zu verlängern und Nüchternzeiten zu verkürzen, wenn Heu nicht zur freien Aufnahme gefüttert werden kann.
  • Vermeiden Sie Stress und Futterneid während der Futteraufnahme.
  • Füttern Sie vor der Kraftfuttergabe stets Heu, um die Speichelbildung zu fördern und somit die Abpufferung der Magensäure zu unterstützen.

Literaturangaben:

Meyer, Helmut, Manfred Coenen, und Ingrid Vervuert. Pferdefütterung. Georg Thieme Verlag, 2014.

Vervuert, Ingrid. Fütterungsmanagement bei häufigen internistischen Erkrankungen, Vortrag im Rahmen des Tierärztekongresses auf der AMERICANA, Abstractband S. 14, 2015

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