Heufütterung

Heu - Grundnahrungsmittel und ein Kapitel für sich

Neben Weidegras ist Heu das wichtigste Grundnahrungsmittel für das Pferd. Bedingt durch die Haltungsform oder aufgrund von Stoffwechselerkrankungen, z.B. Hufrehe oder EMS, müssen sich viele Pferde mindestens 6 Monate bzw. durchgehend von Heu ernähren. Aus diesem Grund ist es besonders wichtig, dass die Qualität dieses Grundfutters sehr gut ist, um Gesundheit und Leistungsfähigkeit der Pferde zu gewährleisten. In den letzten Jahren haben Pferdebesitzer und Stallbetreiber vermehrt mit mangelnder Heuqualität, Zuckergehalt im Heu, Giftpflanzen und der Frage ob Rund-/Quaderballen oder kleine Ballen auseinanderzusetzen. In diesem Text möchten wir uns den Themen Heuqualität, Ernte, Lagerung, Heubeurteilung und den besonderen Ansprüchen an Pferdeheu widmen.

Ansprüche an das Heu in der Pferdefütteurng

 Der Verdauungstrakt des Pferdes ist auf lange Fresszeiten und langsam verdauliches, eher gröberes Material ausgelegt. In unserem Beratungstext „Raufutter“ gehen wir noch einmal detailliert auf die Verdauungsphysiologie des Pferdes ein und möchten daher an dieser Stelle auf diesen Text verweisen Lesen Sie hier alle wichtigen Informationen zum Thema Raufutter. Speziell zum Heu sei noch angemerkt, dass die Verdauung überwiegend im Dickdarm stattfindet. Hier werden die Zellulosen (der überwiegende Bestandteil der Gräser) von den dort ansässigen Darmbakterien aufgeschlossen. Im Dünndarm werden dem Heu leicht verdauliche Zucker und Aminosäuren entzogen. Wildgräser enthalten nur geringe Mengen an leichtverdaulichen Kohlenhydraten, jedoch große Mengen an Zellulose. Diese dient der Pflanze als Gerüstsubstanz und ist langsam verdaulich. Gutes und für Pferde geeignetes Heu sollte daher eine relativ grobe Struktur und einen eher niedrigen Energie- und Eiweißgehalt aufweisen. Ansprüche an Energie- und Eiweißgehalte ergeben sich natürlich auch durch Rasse, Leistung, Alter und Einsatz des Pferdes. Gutes Pferdeheu wird somit relativ spät geschnitten, im Idealfall erst nach der Blüte der vorrangig dominierenden Grassorten (meist Ende Mai bis Mitte Juni). Hier sind die Gräser weniger eiweißreich und auch der Fruktangehalt sinkt. Allerdings stammt ein Großteil des auch im Pferdebereich eingesetzten Heus aus der Milchwirtschaft. Hier wird an das Heu ganz andere Ansprüche gestellt, z.B. ein hoher Energie- und Eiweißlevel, um eine bestmögliche Milchleistung zu erzielen. Aus diesem Grund wird hier auch kleereiches Gras eingesetzt, was aber für Pferde in großen Mengen aufgrund des hohen Eiweißgehaltes und dem Anteil sekundärer Pflanzeninhaltsstoffe (potenzielle Auslöser für Stoffwechselüberlastungen und Hautschäden) nicht geeignet ist. Bedingt durch die intensive Landwirtschaft hat zudem die Artenvielfalt vieler Wiesen stark gelitten, jedoch spielen gerade die heutzutage selten gewordenen Grasarten und Kräuter eigentlich eine wichtige Rolle. Anbei eine kleine Auswahl geeigneter Gräser für Pferdeheu: Wiesenlieschgras, Glatthafer, Zittergras, wolliges Honiggras, geknieter Fuchsschwanz, Schafschwingel und Ruchgras. Weniger geeignet sind deutsches Weidelgras, Wiesenschwingel und Wiesenrispe. Diese Gräser können mit Giftstoffen produzierenden Pilzen infiziert sein. Wie bereits oben erwähnt, sollte aufgrund der sekundären Pflanzeninhaltstoffe der Anteil an Leguminosen (Kleearten) 30% in der Wiese nicht überschreiten. Gräsergifte können zu Unfruchtbarkeit, Geburtskomplikationen und bei empfindlichen Pferden zu angelaufenen Beinen, Durchfall, Hautirritationen, Atemwegsproblemen und nervösen Störungen führen. Hier hat sich der Einsatz von Toxinbindern wie z.B. Bierhefe und Bentonit bewährt. Da der Organismus des Pferdes heutzutage immer häufiger durch Toxine belastet ist, setzen wir diese Komponenten auch in unseren Produkten der ATCOM –VITAL Linie ein. Aufgrund der empfindlichen Atemwege haben Pferde zudem besondere Ansprüche an die hygienische Qualität des Heus. Hier sollte unbedingt darauf geachtet werden, dass das Heu frei von Erde, Staub, Schimmelpilzen und Fremdstoffen ist. Um die Verunreinigung mit Erde und Staub zu vermeiden, sollten die Wiesen nicht zu tief gemäht werden und selbstverständlich sollte darauf geachtet werden, dass das Heu nicht verregnet wird, da hier sowohl die Hygiene als auch die Inhaltsstoffe leiden. Wie die Qualität des Heus beurteilt werden kann, wird später im Text noch näher erläutert.

Die große Frage - erster oder zweiter Schnitt?

Grundsätzlich liefert meist der erste Schnitt das für Pferde geeignetere Heu, allerdings nur wenn die Wiese nicht vor der Blüte gemäht wird. Hinzu kommt, dass die Eignung des Heus auch von den auf der Wiese vertretenen Grasarten abhängt. So ist der erste Schnitt einer Wiese mit spät blühenden Gräsern eher blattreich und blütenarm und der zweite Schnitt strukturreich und mit Blütenanteil. Gute Heuwiesen werden maximal 1-3 mal jährlich gemäht, von denen 1-2 Schnitte für die Heuernte verwendet werden. Daher kann pauschal nicht festgehalten werden, welcher Schnitt nun der bessere für Pferde ist. Es ist empfehlenswert (sofern möglich) sich die Wiesen vor dem Schnitt anzusehen oder bei Lieferung durch einen Heuhändler das Heu vor der Anlieferung auf Struktur und Blütenanteil zu überprüfen. Hinzu kommt, dass es den idealen Schnittzeitpunkt auch einfach nicht gibt. Abhängig vom Anspruch der Pferde an das Heu und natürlich auch den Witterungsbedingungen, können die Erntezeitpunkte bisweilen stark variieren.


Giftpflanzen

Zu den Giftkräutern zählen Herbstzeitlose, Jakobs-Kreuzkraut, Sumpfschachtelhalm, Adlerfarn, Wolfsmilcharten, Steinklee Arten und Schierling.  Sumpfschachtelhalm führt nach ein- bis mehrmonatiger Aufnahme zu einem Vitamin-B-Mangel und das Jakobs-Kreuzkraut führt zu irreversiblen Leberschäden.

Gerade bei artenreichen Wiesen muss immer mit einem gewissen Anteil an Giftpflanzen gerechnet werden. Stark giftige Pflanzen müssen vor der Ernte entfernt werden! Sollte die gesamte Wiese von Giftpflanzen durchzogen sein, darf das Heu nicht an Pferde verfüttert werden und muss entsorgt werden. Sollten nur bestimmte Wiesenabschnitte betroffen sein, müssen nur diese Bereiche gesondert entsorgt werden. Hier sollte darauf geachtet werden, dass eine weitere Verbreitung der Giftpflanzen ausgeschlossen ist. Daher kann die Entsorgung über eine Biogasanlage empfehlenswert sein.

Zuckergehalte im Heu

Aufgrund der zunehmenden Stoffwechselempfindllichkeit und der daraus resultierenden Erkrankungen, wie Hufrehe, ECS und EMS, muss auch zunehmend dem Zucker- und Fruktangehalt im Heu Beachtung geschenkt werden. Aufgrund der Änderungen der Wiesenzusammensetzungen bedingt durch die intensive Landwirtschaft, hat der Anteil an Gräsern mit mehr leicht verdaulichen Kohlenhydraten eher zugenommen. So hat beispielsweise das heutzutage häufig vertretene Weidelgras den höchsten Fruktangehalt.

Der Gesamtzuckergehalt im Heu beträgt meist über 10%, manchmal auch über 20%. Dies kann für rehegefährdete und am EMS erkrankte Pferde zu hoch sein. Hier ist es ratsam das Heu über mehrere Stunden zu wässern um den Anteil wasserlöslicher Kohlenhydrate zu senken. Für EMS Pferde ist es generell empfehlenswert zu versuchen Heu mit einem Zuckergehalt von unter 10% zu füttern.

Ernte, Reifung und Lagerung

Nach dem Mähen muss das Gras trocknen. Hierfür wird das Gras gekreiselt, also ausgebreitet und in der Regel abends wieder geschwadet, um zu verhindern, dass das Heu über Nacht zu viel Feuchtigkeit zieht. Wann und wie oft gekreiselt und geschwadet werden muss hängt von Luft- und Bodenfeuchigkeit und dem Wiesenstandort ab. Je nach Witterungslage sollte das Heu 3-5 Tage trocknen und nicht zu feucht gepresst werden. Wiesen mit hohem Kräuteranteil trocknen z.B. langsamer als kräuterarme Wiesen.

Welche Ballen - Kleinballen, Rundballen oder loses Heu?

Heu bester Qualität erhält man meist bei lose eingefahrenem Heu. Dies wird gefolgt von Kleinballen (ca. 15 kg schwer). Werden große Quaderballen oder Rundballen gepresst ist die Strecke, die das „Schwitzwasser“ zurücklegen muss, meist zu weit und es kommt zur Schimmelbildung, da die Ballen die Feuchtigkeit nicht schnell genug verlieren. Daher sollte beim Pressen großer Ballen darauf geachtet werden, dass das Heu gut abgetrocknet ist und die Luftfeuchte beim Pressen nicht zu hoch ist.

Warum darf frisch geerntetes Heu nicht sofort verfüttert werden?

Den meisten Pferdebesitzern ist bekannt, dass frisch geerntetes Heu nicht sofort verfüttert werden darf, sondern erst nach einer Lagerungszeit von mindestens 6 Wochen. Doch warum dies der Fall ist, möchten wir hier kurz erklären: Trotz der Trocknung auf der Wiese weist das Heu immer noch eine gewissen Restfeuchte (meistens um die 20%) auf. Diese Restfeuchte trocknet während der ersten Wochen und in dieser Zeit können sich Keime und Bakterien stark vermehren. Wird frisches Heu gefüttert kann es aufgrund dessen zu schweren Koliken (insbesondere Gaskoliken) kommen. Daher muss das Heu mindestens 6-8 Wochen lagern, bis der Wassergehalt im Heu unter 15% gesunken ist, da sich dann die Keime nicht mehr vermehren können. Gerade große Quader- oder Rundballen benötigen in der Regel noch länger als die Kleinballen.

Lagerung von Heu

 Wird Heu nicht optimal gelagert, kommt es zu Verderbnis. Das Heu zieht Feuchtigkeit und es kann zu Schimmelbildung kommen. Das wichtigste Kriterium ist, dass das Heu nicht feucht werden kann. Aus diesem Grund sollte Heu idealerweise stets in Scheunen gelagert werden. Hier kann das Heu von allen Seiten mit Stroh umpackt werden, damit das Heu nicht am Boden aufliegt und atmen kann. Heu sollte nicht unter Folien gelagert werden, da die Feuchtigkeit nicht entweichen kann.

Beurteilung des Heus – mit allen Sinnen

Das Heu kann auf verschiedene Art und Weise beurteilt werden. Zum einen kann das Heu an ein Labor zur Analyse auf Nährstoff-, Energie-, Zuckergehalte sowie zur Untersuchung auf Giftpflanzen eingereicht werden. Hier ist zu beachten, dass dem Labor keine kleine Probe in einem Gefrierbeutelchen reicht, sondern hier eher Proben in großen Müllsäcken eingeschickt werden. Nur so können mögliche Giftpflanzen und die Artenvielfalt des Heus beurteilt werden. Zum anderen kann jeder Pferdebesitzer das Heu sensorisch selbst untersuchen. Dies erfolgt optisch, manuell und olfaktorisch. Optisch werden mit den Augen Farbe, Bestandteile, Struktur, Verunreinigungen und sichtbarer Schimmel beurteilt. Manuell kann die Feuchte bzw. Trockenheit des Heus und ebenfalls die Struktur beurteilt werden. Mit der Nase wird der Geruch des Heus untersucht. Dieser sollte aromatisch sein. Schimmelgeruch oder Fremdgeruch sollte nicht festgestellt werden können. „Brandig“ sollte das Heu ebenfalls nicht riechen, da dies ein Hinweis auf hohe Temperaturen beim Aussschwitzen ist. Heu guter Qualität hat eine hellgrüne bis dunkelgrüne Farbe, riecht aromatisch (heutypisch) und neben den Halmen sind auch noch Blattanteile der Gräser erkennbar. Der Griff sollte trocken und nicht klamm sein, zudem sollte sich das Heu leicht auseinander ziehen lassen und auf keinen Fall sollten fest gepresste Schichten im Ganzen herunterfallen. Wird das Heu aufgeschüttelt, dürfen keine großen Staubschwaden aufsteigen, da diese entweder ein Hinweis für Erdverunreinigung oder Schimmelbefall sein können.

Literaturangaben
VFD – Vereinigung der Freizeitreiter und –fahrer in Deutschland, Arbeitskreis Umwelt (2012): Pferd und Heu – Ein Handbuch für Pferdehalter und Heuproduzenten über die wichtigste Nahrungsquelle der Pferde. Bearbeitet von Vanselow, R.U., W. Wahrenburg, T. Teichner, C. Behrens, I. Gutsmiedl. Eigenverlag VFD-Bundesverband. 84 S. Version 1.0, 2. Auflage

Cottrell, E., K. Watts, and S. Ralston (2005): Soluble sugar content and glucose/insulin responses can be reduced by soaking chopped hay in water." Proc. Equine Sci. Soc: 293-298.

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